Für mich selbst und all diejenigen, die eine ähnliche Tour geplant haben oder die Transcimbrica mal ganz privat fahren wollen, möchte ich in diesem Blogartikel die wichtigsten Punkte nochmal rekapitulieren:
Würde ich die Transcimbrica nochmal mitfahren und auch zu dieser Jahreszeit?
Definitiv ja!
Welches Ziel hatte ich mir gesetzt und habe ich es erreicht?
Ich setze mir grundsätzlich ehrgeizige Ziele und wollte die Transcimbrica möglichst komplett innerhalb von 7-8 Tagen finishen. Das ist mir nicht gelungen. Um wie geplant mindestens 200 km pro Tag zu radeln, hätte ich entweder schneller (Nettoschnitt war 18.6 km/h) radeln müssen oder weniger pausieren dürfen. Das Tempo war aber genau mein Dieseltempo, welches ich viele Stunden ohne Brennstoff fahren kann und das mich auch nach mehreren Tagen im Sattel nicht ermüdet. Kürzere Pausen hätten bedeutet, bei Dunkelheit fahren zu müssen und nichts von der Umgebung mitzukriegen. Und selbst wenn ich das gewollt hätte, an 2 Abenden tobte solch ein Sturm mit Regen, dass ich froh war, ein Dach über dem Kopf gefunden zu haben. Und ich gestehe, dass ich ein Angstschisser bin, der befürchtet bei Dunkelheit allein irgendwo in der Pampa mit einem Defekt schutzlos liegenzubleiben. Deshalb war meine Strategie auch rückblickend genau richtig!
Ich wollte mindestens den Hinweg komplett zurücklegen und in Skagen am Skagerrak ankommen. Dieses Ziel habe ich nach 4.5 Tagen erreicht, insofern bin ich mit dem Erreichten sehr zufrieden!
16 kg Gepäck hatte ich an Bord und wurde dafür von einigen etwas verspottet. Habe ich den ganzen Kram benötigt?
Sagen wir es mal so – ich habe alles außer: 2 Paar Socken, 1 Baselayer, 1 Ersatzregenjacke, 2 Ersatzschläuche, Kettennieter, Kabelbinder, 2 Kettenschlösser, 2 Ersatzladekabel, 2 Ring-/Gabelschlüssel, 2 Ersatzrücklichter, Ersatzbatterien Spot, Ersatz-Navi und Notnahrung (Riegel, Gels) benutzt. Diese Dinge (In Summe ca. 2 kg) würde ich aber definitiv wieder mitnehmen.
Wie war das Übernachten draußen in Sheltern?
Auf jeden Fall eine neue und unvergessliche Erfahrung! So konnte ich zum ersten Mal meinen Schlafsack und die Isomatte testen. Bei -5°C habe ich ich nicht gefroren, und genau das ist die vom Hersteller meines Schlafsacks angegebene Komforttemperatur. Die Isomatte ist zwar „ultralight“ aber zu schmal und zu dünn. Ich bin ständig runtergerutscht. Ich würde wieder im Shelter übernachten, mir aber vorher sämtliche Shelter an der Route als Wegpunkte im Navi einspeichern, um nicht mit iPhone in der Hand bei Dunkelheit danach suchen zu müssen.
Und ich nehme bei der nächsten Tour ein vernünftiges Kopfkissen mit, denn der Versuch einen Packsack mit Klamotten als Kissen zu benutzen, hat schlecht funktioniert. Ständig ist der Packsack unter meinem Kopf weggerutscht. Das hat mir den Schlaf geraubt. Am liebsten würde ich sogar nächstes Mal ein Zelt mitnehmen, damit ich nicht wieder um Nachtasysl bei Fremden bitten muss, sondern mein Nachtlager aufschlagen kann wann und wo ich will.
Wie hat mein Bike-Setup funktioniert?
Gut! Am wichtigsten war der Auflieger. Etwa 90% der Zeit/Strecke bin ich darauf gelegen, um Hände und Schultern zu entlasten. Durch die 70 mm hohen Spacer zwischen Oberlenker und Auflieger ergibt sich zwar nur ein marginaler aerodynamischer Vorteil, aber der Komfortgewinn auf langen Strecken ist enorm.
Die maßangefertige Rahmen- und Oberrohrtasche haben sich bestens bewährt, viel Stauraum und schneller Zugriff. Der Arschrakte würde ich auf einer solchen Strecke immer den Vorzug gegenüber Gepäckträger mit Taschen geben, weil nix klappert. Und die Packsäcke an der Gabel haben das Lenkverhalten nur dann negativ beeinflusst, wenn sie unterschiedliches Volumen und Gewicht hatten. Bei > 40 km/h fing dann die Gabel/der Lenker an zu vibrieren.
Die Reifenwahl (Specialized Sawtooth) war ok, 2 Plattfüße, mäßiger bis schlechter Grip auf feuchten/weichen Untergründen, ansonsten kein Grund zum Meckern. Die Schutzbleche waren gold wert, ebenso die Entscheidung mit Flatpedals statt Klickpedale zu fahren. Wieder mal hat mich mein Sequoia nicht im Stich gelassen und allen Bedingungen getrotzt, quasi mein zu Hause unterwegs!
Wie sah es mit der Hygiene aus?
Zwischen Freitag Mittag (Abfahrt zu Hause) und Donnerstag früh (Ankunft zu Hause) habe ich genau 1 x geduscht und mir ansansonsten nur die Zähne geputzt. Ich hab’s überlebt.
Bezahlung in Dänemark?
Ich hatte etwas Bargeld dabei und das war gut so, denn in ein paar Läden konnte man nicht mit Karte bezahlen. Das war aber die Ausnahme!
Braucht man ein Fahradschloss?
Ich hatte ein billiges und leichtes Pseudoschloss dabei. Habe mein Rad aber nie längere Zeit unbeaufsichtigt irgendwo stehen gelassen.
Wie war die Netzabdeckung des Mobilfunknetzes in Dänemark?
Super, gefühlt besser als in Deutschland! Als T-Mobile Kunde hatte ich fast überall eine gute LTE Verbindung!
Zugfahren in Dänemark?
Ohne Kredikarte mit Pin-Nummer sieht’s schlecht aus, wenn man eine Karte an Automaten buchen und ausdrucken will. Barzahlung im Zug ist nicht möglich! Am besten vor Antritt der Fahrt online buchen. Bei mir sind sämtliche Optionen gescheitert, und deshalb saß ich von Skagen bis Aalborg ungewollt als Schwarzfahrer im Zug. Den Schaffnern konnte ich dies glaubhaft erklären und sie waren sogar sehr hilfsbereit, so dass ich wenigstens ab Aalborg mit bezahltem Ticket nach Hamburg gereist bin.
Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?
Nicht viel: Shelter-Standorte und Unterkünfte an der Strecke im Navi speichern, breitere und dickere Isomatte, ein Kopfkissen mitnehmen, evtl. Zelt mitnehmen, evtl. auf tubeless umrüsten, meine GoPro mitnehmen, um zu filmen und noch mehr Fotos zu machen. Mehr fällt mir nicht ein! ?
Datum | Bericht |
---|---|
Sa, 09.03.2019 | Transcimbrica 2019 – Kennenlernen, Start und die erste Nacht |
Sa, 09.03.2019 | Transcimbrica 2019 – meine erste unvergessliche Nacht in einem Shelter |
So, 10.03.2019 | Transcimbrica 2019 – der Plattfußtag bei Sonnenschein |
Mo, 11.03.2019 | Transcimbrica 2019 – der schönste Tag |
Di, 12.03.2019 | Transcimbrica 2019 – Nachtasyl auf einem dänischen Aussiedlerhof |
Mi, 13.03.2019 | Transcimbrica 2019 – nach Skagen zum Skagerrak |
Do, 21.03.2019 | Transcimbrica 2019 – Review |
Schöne Geschichte. Mir wäre es allerdings zu kalt für so eine lange Tour.
„… Isomatte / schmal / ständig runtergerutscht …“ Tip: schmaler Biwaksack!
Danke! Der Biwaksack ist relativ schmal und die Matte hatte ich sogar im Biwaksack platziert, dennoch war ich mit der Situation unzufrieden.
Dein Review finde ich sehr hilfreich und praxisnah? und hutab vor Deiner klaren Selbsteinschätzung und Planung. Das schützt vor Frust und schafft Zufriedenheit ?
Dankeschön! Ja, mittlerweile kann ich mein Leistunsvermögen gut einschätzen und handle entsprechend. Und doch erlebe ich immer wieder Situationen, die mich – fast – zur Verzweiflung bringen. Genau das lässt das Randonneur sein nicht langweilig werden!?
habe mir gerade voller Genuss Deine Etappenberichte zu Gemüte geführt. Du beschreibst sehr feinfühlig und genau, wie es dir geht , was dich beeindruckt… Und dazu machst du noch sehr passende Fotos. … Dass du bei der TransCim auch noch Gerhard und Henning kennengelernt hast, passt aus meiner Sicht wunderbar. Mit Gerhard habe ich seinerzeit mein erstes 600er von Wolfenbüttel aus beim leider verstorbenen Christian v. Ascheberg gefahren – und mit Henning habe ich beim letztjährigen 600er Ostfalen gemeinsam auf einer harten Bahnhofstreppe genächtigt. Die nachhaltigsten Erlebnisse haben immer auch etwas weh getan. Dir eine weiterhin starke Motivation für die nächsten Vorhaben. Schreib drüber!
Danke Dietmar für dein nettes Feedback! Gerhard hat mich übrigens sehr beeindruckt, wie er sich durch nichts hat aus der Ruhe bringen lassen und die komplette Transcimbrica gefinisht hat, toll! Viele Grüße und Dir eine schöne Brevet-Saison 2019??
Ein schöner Block,
Die Zusammenfassung gefällt mir (und ein solches Fazit werde ich auch von meinen ersten Brevet niederschreiben)
Denn deine Berichte haben mich motiviert, 2019 auch mal eine größere Runde, samt Bike, Sack & Pack zu planen 🙂
Danke, für die tolle Story
Hallo Christoph, vielen Dank für dein nettes Feedback und es freut mich, wenn ich dich durch meine Berichte motivieren konnte es selbst zu versuchen. Wünsche Dir alles Gute und schicke mir gern einen Link zu deinem ersten Bericht, wenn es mal soweit ist! VG Michael