Aus der Traum am Brenner Pass – DNF Ötztaler Radmarathon 2024

Mein Traum vom Ötztaler-Finish hat sich leider nicht erfüllt. Bei der Kontrolle am Brennerpass habe ich die Karenzzeit um 5 Minuten überschritten, musste das Rennen beenden und in den Besenwagen (Bus) einsteigen. Hört sich knapp und tragisch an, war es aber nicht. Ich war erleichtert und mit meinen Kräften nahezu am Ende. Spätestens am nächsten Pass wäre ich sehr wahrscheinlich eingebrochen oder hätte dort die Karenzzeit überschritten.  

Auf einen ausführlichen Bericht des Rennens verzichte ich bewusst und beschränke mich auf ein Fazit, um aus dem Scheitern zu lernen und sofort wieder nach vorn zu schauen.

Rückblickend und zusammenfassend muss ich konstatieren, dass ich mich selbst überschätzt habe – Punkt! Schon während der ganzen Vorbereitung hatte ich immer mal wieder Selbstzweifel, ob ich das schaffen kann. Mal mehr, mal weniger.

Aber nun hatte ich schon die ganze Welt verrückt gemacht, von einem Arbeitskollegen einen Starplatz überschreiben lassen und ja, mir sogar ein neues Rennrad gekauft, damit ich auf dem neuesten Stand bin und mit Scheibenbremsen und elektronischer Schaltung (meine erste) gut für den Ötzi gerüstet bin. Und natürlich, weil ich mir hin und wieder gern ein neues Rad gönne und der Ötzi dafür ein guter Vorwand war.

Da ich bis dahin noch nie einen Alpenpass hoch geradelt war, wurde sogar der Familienurlaub entsprechend geplant und Anfang Juni in St. Leonhard verbracht und dort das Timmelsjoch (bis zur Absperrung) und der Jaufenpass bezwungen. Dennoch war ich zu diesem Zeitpunkt fast soweit, den Ötzi zu canceln, weil ich spürte, dass es für einen oder zwei Pässe reichen würde, aber nicht für den kompletten Ötzi.
Doch so schnell werfe ich das Handtuch nicht und deshalb trainierte ich fleißig weiter und spürte auch Verbesserung beim Training. Aber 6.000 km und 67.000 Hm in den 8 Monaten vorm Ötzi waren offensichtlich zu wenig, zumal ich die 2 Jahre davor nahezu gar nicht geradelt bin und meine Jahresumfänge ansonsten (seit 2011) zwischen 5.000 und 9.000 km lagen.

Vielversprechend war meine Leistungsdiagnostik Anfang März, da lag meine FTP bei ca. 3,0 W/kg und ich hoffte, dass ich mich noch etwas steigern kann. Nach späteren eigenen Tests schätzte ich die FTP auf 3,2 W/kg. Der Doc. am Institut lobte zwar meine sehr gute Gesamtverfassung und die Leistungswerte in Anbetracht meiner 62 Jahre, gab mir aber dezent den Hinweis, dass ich schon noch ordentlich trainieren müsste, um den Ötzi zu schaffen. Vom Abnehmen riet er mir eher ab, höchstens 2-3 kg, aber selbst das habe ich leider nicht auf die Reihe gekriegt und stand mit 77 kg (176 cm) am Start. Auch da war ich zu Jahresbeginn zu optimistisch, dass ich auf 72 kg abspecken werde.

Entsprechend motiviert durch die Leistungsdiagnostik und das bis dahin absolvierte Training bin ich Mitte Mai zum Rhönmarathon, um die 255 km mit 4.800 Höhenmeter zu fahren. Bereits nach den ersten längeren Anstiegen war mir klar, dass ich auf eine kürzere Strecken wechseln muss, denn an den Anstiegen wurde ich permanent überholt und hatte teilweise ordentlich zu kämpfen. Die Karenzzeit hätte ich definitiv nicht geschafft und ich bin dann auf die 180 km abgebogen, die ich zwar mit respektablen 2.900 Hm problemlos gefinisht habe, allerdings auch nur mit einem Nettoschnitt von 20,3 km/h.

Für die Rhön 300km Strecke mit über 5.000 Hm hatte ich mich als finalen Ötzi-Test für Anfang August ebenfalls angemeldet. Nach den Zweifeln im Urlaub habe ich den Startplatz gecancelt, wenn ich ehrlich bin, weil ich befürchtete auch dort zu scheitern und mir dadurch den Mut nehmen würde, beim Ötzi zu starten.

Ich habe mit den Zahlen vom Ötzi, meinen Leistungs- und Trainingsdaten hin und her gerechnet und mich selbst motiviert, dass es schon reichen wird. Allen, denen ich von meinen Zweifeln erzählte, haben ausnahmslos gesagt:”das schaffst du schon!” Im Prinzip das was ich hören wollte.

Nunja, das Ergebnis kennt ihr, es hat nicht gereicht. Aber ich bin tatsächlich froh, dass ich mitgefahren bin und das Ganze jetzt viel besser einschätzen kann. Eine solche Erfahrung macht man nicht durch Training, Gespräche und irgendwelche Berechnungen.
Nach dem Ötzi dachte ich, das war’s, nie wieder tust du dir das an. Heute sehe ich das schon anders und denke über einen zweiten Versuch nach, zumal ich ab Dezember viel Zeit haben werde, weil ich in den Ruhestand gehe.

Aber jetzt muss ich das erstmal sacken lassen und ein paar Wochen unstrukturiert radeln, dann werden neue Pläne geschmiedet.

Impressionen von der Ötzi Strecke

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